Belletristik,  Buchrezension,  Literatur

J. K. Rowling: Harry Potter und das verwunschene Kind

 

Die Fortsetzung der Harry Potter Reihe, neunzehn Jahre später.

Der lang ersehnte achte Band?

Als ich Harry Potter und die Heiligtümer des Todes nach seinem Erscheinen innerhalb einiger Stunden beendet hatte, schlug ich das Buch mit schwerem Herzen zu. Ich war traurig, dass die Geschichte um Harry Potter, die mich meine gesamte Schulzeit lang begleitet hatte, nun vorbei sein sollten. Und wie so viele andere Fans wünschte ich mir eine Fortsetzung, doch die lies lange auf sich warten. Inzwischen hatte ich michan den Gedanken gewöhnt, keinen weiteren Harry Potter Band mehr in den Händen zu halten und reagierte auf die Neuigkeit einer achten Geschichte eher mit Skepsis. Dass es auch noch ein Theaterstück sein sollte und neunzehn Jahre nach dem Ende der ursprünglichen Story spielen würde, trug nicht gerade dazu bei, mich für Das verwunschene Kind zu begeistern. Ich war neugierig, wollte mir auf jeden Fall ein eigenes Bild machen, aber ich hatte es damit nicht besonders eilig.
Meine Erwartungen waren eher mittelmäßig und wurden dennoch enttäuscht. Aus verschiedenen Gründen, die auf die Textgattung, die Handlung und die Figuren zurückzuführen sind.

 

Die Textgattung

Das verwunschene Kind ist in erster Linie als Theaterstück gedacht. Das Textbuch, mit dem die Schauspieler bei den Proben gearbeitet haben, erschien nun zusätzlich als Buch auf dem freien Markt, um die Geschichte auch jenen nahezubringen, die nicht die Möglichkeit haben, das Stück in London zu sehen. An sich eine gute Idee, wie ich finde. Doch jeder, der sich in der Schule schon mit den Dramen von Goethe, Schiller und Co. befasst hat, weiß, dass in dieser Textgattung ganz viel verloren geht, das das Lesen ausmacht. Im Vergleich zu den originalen Harry Potter Bänden wurde das besonders auffällig. Zwar sind die Regieanweisungen teilweise ungewöhnlich ausführlich, sodass man zumindest ein ganz gutes Bild der Szenerie, aber auch der Gestik der Figuren bekommt. Aber das reicht bei weitem nicht aus, um einem das Leseerlebnis einer Harry Potter Geschichte zu vermitteln. Für mich hat J.K. Rowlings Schreibstil immer sehr viel ausgemacht. Sie versteht es wie kaum jemand, mit wenigen Worten wundervolle Bilder vor meinem inneren Auge entstehen zu lassen und den Geschichten zu einer Lebendigkeit zu verhelfen, die nicht selbstverständlich ist. All das fehlt selbstverständlich im Theatertext und man muss das Stück wohl auf der Bühne sehen, um die Magie zu spüren, der Text allein vermittelt sie leider nicht oder man muss sie sich äußerst schwerfällig selbst erarbeiten.

 

Die Handlung

Alles , das ich im Voraus wusste, war, dass Harrys und Ginnys Sohn Albus im Zentrum der Handlung steht. Ich will an dieser Stelle auch nicht viel mehr verraten (#keepthesecret!). Aber ich komme nicht umhin, meine Enttäuschung zum Ausdruck zu bringen. Das Buch beginnt mit der Verabschiedung am Bahnhof 9 3/4 an Albus erstem Schuljahr in Hogwarts. Diese Szene ist bereits aus dem Epilog von Die Heiligtümer des Todes bekannt. Danach folgen einige Zeitsprünge, nach denen mir erstmal kurz der Kopf schwirrte. In der eigentlichen Handlung ist Albus dann bereits in seinem vierten Jahr in Hogwarts. An dieser Stelle beginnt das Buch, interessant zu werden. Nur um dann immer absurder zu werden. Am Ende konnte ich nur noch ungläubig den Kopf darüber  schütteln, was ich da eigentlich gelesen hatte. Auch wenn sich irgendwann eine gewisse Spannung einschleicht, war das Ende doch ziemlich vorhersehbar und in keiner Weise zufriedenstellend.

 

Die Figuren

Zu den Figuren habe ich ein sehr gemischtes Verhältnis, weshalb es mehr Sinn macht, sie einzeln aufzuführen.

Die Potters

In diesem Buch war Ginny eindeutig mein Lieblingspotter. Albus fand ich ziemlich nervig in seiner Naivität und Unbelehrbarkeit. Mir ist klar, dass er in gewisser Weise ein Spiegel Harrys sein soll, aber auf eine derart verzerrte Weise, das es nicht wirklich funktioniert. Was ihn antreibt, seine Probleme und Sorgen waren mir nicht tief genug dargestellt, sodass es mir schwer fiel, mich in ihn hinein zu versetzen. Harry war die größte Enttäuschung. Er war schon immer ein Charakter mit Fehlern, was ihn nur umso realer und liebenswerter macht. Aber ihn in seiner Vaterrolle derart versagen zu sehen war einfach nur unangenehm zu lesen. Vor allem weil es so gar nicht zu dem Bild passt, das der Epilog mir vermittelt hat. Von James und Lilly erfährt man leider nur sehr wenig.

Die Weasleys

Wer das Buch kennt weiß, dass sich die Weasleys je nach Abschnitt der Geschichte anders verhalten. Dementsprechend unterschiedlich fällt teilweise auch mein Urteil über sie aus. Ron bleibt über die gesamte Handlung hinweg sehr blass und wurde zu einem beinahe schon völlig unwichtigen Nebencharakter degradiert. Natürlich steht nicht mehr Harry und damit auch seine engsten Freunde im Mittelpunkt, aber dieser Ron wird dem Ron, den wir kennen und lieben, einfach nicht gerecht. Ganz anders Hermine. Besonders am Anfang und am Ende wieder hat sie mich begeistert. Sie war immer meine Lieblingsfigur und das hat sich hier wieder bestätigt. Ihre Zukunft ist genau das, was ich mir für sie erhofft hatte. Auch wenn ich noch immer Probleme habe, J.K. Rowling die Ehe von Hermine und Ron abzukaufen. Am Ende von Part I der Geschichte wird jedoch eine Seite von Hermine gezeigt, die mich enttäuscht hat. Auch sie wurde der Hermine, die man kennt, nicht gerecht. Ich weigere mich zu glauben, dass ihr Lebensweg derart abhängig von ihrer Liebe zu Ron sein soll. Ebenso weigere ich mich zu glauben, dass eine Tochter von Hermine und Ron derart hochnäsig und unsympathisch sein kann wie Rose dargestellt wurde.

Die Malfoys

Bereits in den alten Geschichten habe ich im Laufe der letzten Jahre angefangen, Draco in einem etwas anderen Licht zu sehen. Vor dem Hintergrund seiner Erziehung ist sein Verhalten nicht verwunderlich und dennoch hat er seine Momente, die ihm zwar nicht sein Image als Schoolyard Bully nehmen, aber zeigen, dass er nicht wirklich „böse“ ist. Einige seiner Kommentare sind sogar richtig lustig. Genau dieses Bild von Draco wurde in Das verwunschene Kind bestätigt. Er hat die wohl größte Entwicklung durchgemacht, war regelrecht sympathisch ohne jedoch etwas von seinem Sarkasmus eingebüßt zu haben. Schnell wurde Draco zu meiner Lieblingsfigur in diesem Buch. Sein Sohn Scorpius steht ihm kaum in etwas nach. Ich habe ihn sofort ins Herz geschlossen und war froh, ihn an Albus Seite zu wissen.

Alles in allem wirkte Das verwunschene Kind einfach nicht, als wäre es aus dem gleichen Guss wie die ursprünglichen Harry Potter Geschichten. Sodass ich mich frage, wie viel davon tatsächlich aus J. K. Rowlings Feder stammt und wie viel auf John Tiffany und Jack Thorne zurückzuführen ist. Für mich fühlt es sich in keiner Weise wie eine richtige Fortsetzung an und ich werde versuchen, die Geschichte in meinem Kopf als mittelmäßige Fanfiction zu verbuchen.

 

Nur für Malfoy-Fans wirklich empfehlenswert

Eigentlich lege ich anderen immer nahe, sich in einem solchen Fall ein eigenes Bild zu machen. Doch hier kann ich jedem Harry Potter Fan nur empfehlen, die Finger von Das verwunschene Kind zu lassen und sich an ihren Kindheitshelden so zu erinnern, wie man ihn in Die Heiligtümer des Todes zuletzt erlebt hat. Allein Fans von Draco Malfoy, die die Bestätigung suchen, dass er nicht so furchtbar ist, wie Harry uns Lesern das sieben Bücher lang verkaufen wollte, werden hier auf ihre Kosten kommen.

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2 Kommentare

  • Katharina

    Für mich als 8. Teil auch ein echter Flop. Mir hat es einfach nicht gefallen, was mit den Charakteren und der Story gemacht wurde. Ohne Harry Potter Stempel wäre die Geschichte vielleich nicht schlecht gewesen!
    LG Katharina

  • 4urday

    Der Meinung bin ich auch… ich war wirklich enttäuscht von der Geschichte und wünschte mir, ich hätte meine Erinnerungen an Harry, Hermine und co so behalten können, wie sie nach dem letzten Roman waren. Ich bin froh, dass ichnicht mir das Buch nicht gekauft habe…
    Sehr sehr schade!

    Lg Hannah

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