
5 Gründe für Marvel Serien – auch schon vor Disney+
Mit der Einführung von Disneys eigener Streamingplattform Disney+ wird der Bildschirm in den eigenen vier Wänden für das Marvel Cinematic Universe plötzlich wichtig. Aus den Filmen bekannte und beliebte Helden bekommen in Zukunft ihre eigene Serie: WandaVision startet in einer Woche am 15. Januar. Für Loki und The Falcon and the Winter Soldier gibt es bereits Trailer. Ebenso für die animierte Serie What if…?, die uns alternative Plots zu den bekannten Geschichten zeigen wird. Zumindest bei WandaVision hat Marvel-Produzent Kevin Feige angekündigt, dass die Entwicklungen im Rahmen der Serie entscheidend sein werden für den nächsten Doctor Strange Kinofilm. Doch nicht erst seit Disney+ gibt es Serien, deren Handlung im MCU angesiedelt sind. Bisher hatten diese Serien nur keinen entscheidenden Einfluss auf die Kinofilme. Dennoch lohnt sich ein Blick in die Serien auf jeden Fall!
Vorsicht: Enthält Spoiler für The Avengers, The Return of the First Avenger, Agents of S.H.I.E.L.D. und Runaways.
Hintergrundwissen zu S.H.I.E.L.D.
Die Strategische Heimat-, Interventions-, Einsatz- und Logistik-Division (kurz S.H.I.E.L.D.) unter der Leitung von Nick Fury ist in den Marvel-Filmen die treibende Kraft hinter der Avengers-Initiative. Doch wie es sich für einen Geheimdient gehört, sind die Einblicke in die Organisation eher sparsam. Wer sich also nach den Marvelfilmen fragt, was die Männer in den dunklen Anzügen machen, wenn sie nicht gerade Superheld:innen rekrutieren, die Forschung von Jane Foster konfiszieren oder Untersuchungen am Tesserakt überwachen, der darf sich über Marvel’s Agents of S.H.I.E.L.D. freuen.
Wer sich hingegen für die Hintergründe und wie der Geheimdienst überhaupt entstanden ist interessiert, der wird sich weiterhin mit einigen unbeantworteten Fragen abfinden müssen. Doch Marvel’s Agent Carter gibt immerhin einen Einblick in die Arbeit der SSR (Strategic Scientific Reserve, dt.: Strategische Wissenschaftliche Reserve), aus der sich später S.H.I.E.L.D. entwickelte.
Wiedersehen mit bekannten Figuren
Agent Peggy Carter
Für mich ist Agent Peggy Carter eine der coolsten Frauenfiguren im MCU. Schon in The First Avenger legt sie einen großartigen Auftritt hin. Ihre Herausfordung, sich als Frau im Militär der 40er Jahre zu behaupten wird allerdings nur angedeutet. In Agent Carter sehen wir deutlich mehr davon: Nach dem Krieg arbeitet Peggy Carter für die SSR in New York und ihre männlichen Kollegen sind nicht allzu glücklich über die Frau in ihrer Mitte. Auch wenn Peggy den ein oder anderen Nahkampf für sich gewinnt, haben wir hier endlich mal eine starke Frauenfigur, deren Stärke in erster Linie aus ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Intelligenz besteht. Peggy steckt in jeder Situation ihr Umfeld locker in die Tasche und darf dennoch emotional und einfühlsam sein. Solche Frauenfiguren sehen wir leider viel zu selten!

Agent Phil Coulson
Nick Fury mag zwar der Direktor von S.H.I.E.L.D. sein, doch das Gesicht ist eindeutig Agent Phil Coulson. Wie ein roter Faden ziehen sich seine Auftritte durch die erste Phase des MCU. Bis ihm Loki ein sehr trauriges Ende bereitet (für viele die einzige Tat, die sie dem dunklen Prinz von Asgard nicht verzeihen können). Doch Coulsons tragisches Ende in den Marvelfilmen ist erst der Anfang seiner eigenen Serie. Ja, in einem Universum, in dem ein Spinnenbiss Superkräfte verleiht, als Götter verehrte Außerirdische die Erde retten, Waschbären sprechen und eine ehemalige Pilotin Photonenstrahlen aus ihren Fäusten abfeuern kann, ist es nicht unmöglich, einen letalen Speerstoß zu überleben. Wer hätte das gedacht?

Howard Stark
Howard Stark kennen wir als junges Genie aus Captain America und als tragische Vaterfigur aus den Iron Man Filmen. Sympathiepunkte hat er da nicht gerade gesammelt. Aber zumindest für mich ging immer eine gewissen Faszination aus für den Mann, der Tony Stark geprägt hat. Marvel’s Agent Carter zeigt uns den jungen Howard Stark, der noch weit davon entfernt ist, ein Vater zu sein und dafür beweist, warum ihn die Welt als ein Genie feiert.

Vor allem zeigt uns die Serie aber einen Howard, der seinem Sohn gar nicht so unähnlich ist: Habe ich schon erwähnt, dass er genial ist? Besonders wenn es darum geht, seiner Zeit voraus zu sein, neue Techniken und Waffen zu entwickeln. Er ist ein Playboy, sarkastisch und wirkt stark narzistisch veranlagt, während er gerade dabei ist, alles für die Rettung der Welt zu riskieren. An wen erinnert uns das bloß? Dabei wird Howard Stark nie zu einem müden Abklatsch von Tony, sondern setzt sich in seinem Jahrzehnt mir ganz anderen Herausforderungen und Frauengeschichten auseinander. Mein persönliches Highlight: Sein Butler Edwin Jarvis, Namensvetter für Tonys späteres Just A Rather Very Intelligent System (kurz J.A.R.V.I.S.).
Hintergründe zu Widersachern
Hydra
Im ersten Captain-America-Film taucht HYDRA erstmals als die Wissenschaftsabteilung der Nazis auf. Schon im zweiten Captain-America-Film, The Return of the First Avenger, sieht sich Rogers erneut mit der Geheimorganisation konfrontiert: HYDRA hat S.H.I.E.L.D. heimlich infiltriert und sorgt so schließlich für dessen Auflösung. Welche Auswirkungen die Auflösung von S.H.I.E.L.D. für die Agenten über die Avengers hinaus hat, wie die Übernahme von statten ging und welche Ziele HYDRA inzwischen verfolgt – das alles erfahren Zuschauer:innen in Agents of S.H.I.E.L.D. So viel kann ich verraten: Es steckt sehr viel mehr dahinter als ein Kampf in einem gläsernen Auftzug und ein paar Helicarrier.
Die größte Überraschung bietet Agents of S.H.I.E.L.D. aber vermutlich mit der folgenden Erkenntnis: HYDRA gibt es schon sehr viel länger als die Wissenschaftsabteilung der Nazis. Und ihr Ursprung deckt ein paar sehr unerwartete Zusammenhänge auf.
Kree
Man kann durchaus stutzig werden, wenn ein Bösewicht (oder zumindest eine Spezies) im MCU mehr als einmal auftaucht. Die Kree haben ihren ersten Auftritt in Guardians of the Galaxy und später erneut in Captain Marvel. Spätestens in Captain Marvel ist sehr stark angedeutet, dass wir von dieser Spezies noch nicht alles gesehen haben. Agents of S.H.I.E.L.D gibt einen etwas tieferen Einblick in die Geschichte von Kree und Menschheit.
Neue Heldinnen und Helden:
Nicht nur weiße Männer mit Superkräften
Keine Frage, die Hauptfiguren im MCU werden zukünftig diverser. Allerdings hat es ziemlich lange gedauert. Die Serien sind in der Hinsicht tatsächlich etwas schneller gewesen und insgesamt breiter aufgestellt. Als 2019 Captain Marvel als erste weibliche Hauptfigur die Kinoleinwand eroberte, war das ein großer Moment für alle weiblichen MCU-Fans. Jessica Jones und Peggy Carter hingegen bekamen bereits 2015 jeweils ihre eigene Serie. Übrigens ist Jessica Jones als Hauptfigur besonders spannend, weil sie mehr Antiheldin als Heldin ist (Sabine hat auf ihrem Blog Ant1heldin dazu einen sehr spannenden Beitrag geschrieben). Vor Captain Marvel markierte 2018 Black Panther einen Meilenstein, als zum ersten Mal eine Person of Colour ins Zentrum eine MCU-Films rückte. Luke Cage hingegen hat bereits seit 2016 seine eigene Serie. Ebenfalls 2018 zog Tyron als Hälfte des Duos aus Cloak and Dagger nach.
Bisher ist die einzige Figur in einem MCU-Film, die ganz klar als etwas anderes als heterosexuell und cis präsentiert wird, nur ein kleiner Cameo-Auftritt von Regisseur Joe Russo. Leider sind auch die Serien in der Hinsicht sehr zurückhaltend. Joey Gutierrez tritt nur in einigen Folgen von Agents of S.H.I.E.L.D. als homosexuelle Nebenfigur auf. Dafür bietet uns Runaways eine homosexuelle Beziehung zwischen zwei der Hauptfiguren.
Mit Runaways und Cloak & Dagger liefert Marvel außerdem zwei Serien mit Held:innen im Teenageralter. In den MCU-Filmen sind diese mit Spiderman und Shuri bisher eher spärlich besetzt. Und schon für Shuri musste ich eine Nebenfigur mitzählen.
Bis heute vermissen wir im MCU Figuren mit Behinderung oder sonstigen Beeinträchtigungen. Tony Starks posttraumatische Belastungsstörung ist sicher ein interessanter Anfang. Allerdings haben bei Hawkeye bisher nicht die Chance genutzt, ihn wie in den Comics sein Gehör verlieren zu lassen. Vielleicht steht uns das in der Zukunft noch bevor. Bis dahin sind auch in diesem Zusammenhang die Serien schon deutlich weiter. Als Daredevil führt der blinde Matt Murdock ein Doppelleben zwischen Rechtsanwalt und Superheld. Und in Agents of S.H.I.E.L.D. erleidet der Wissenschaftler und Ingenieur des Teams, Leo Fitz, einen Hirnschaden, nach dem er einfachste Fähigkeiten neu erlernen muss.

Leo Fitz – und mit ihm der Großteil der Figuren in Agents of S.H.I.E.L.D. – verkörpert außerdem eine weitere seltene Personengruppe in den MCU-Filmen: Held:innen ohne Superkräfte. Ja, irgendwie gehört es natürlich dazu, dass Superheld:innen Superkräfte haben. Aber zwischendurch ist es auch ganz schön zu sehen, wenn allein Intellekt und Training die Fähigkeiten einer Figur bestimmen. Mit Iron Man nahm das MCU mit genau so einer Figur ihren Anfang, gönnt bisher aber auch nur ihm die Hauptrolle in einem Stand-Alone. Immerhin haben es mit Natasha Romanoff/Black Widow und Clint Barton/Hawkeye zwei „einfache“ Agenten in das Avengers-Team geschafft. Doch erst demnächst sehen wir Black Widow in ihrem ersten eigenen Kinofilm.
Neue Bösewichte
Insgesamt tauchen in den verschiedenen Marvel-Serien natürlich sehr viele Bösewichte auf, die wir aus den Filmen noch nicht kennen. Manche mehr, mache weniger interessant. Mein ganz persönliches Highlight und definitiv eine Erwähnung wert: Kilgrave aus Jessica Jones. Er hat die Fähigkeit, Menschen in seinem Umfeld durch wörtliche verbale Befehle zu kontrollieren. Eine Fähigkeit, die er übrigens nicht abstellen kann. Dieser letzte Aspekt allein könnte ihn bereits zu einem spannenden Bösewicht machen. Weshalb er wirklich nachhaltig im Gedächtnis bleibt ist allerdings zum Großteil der brillanten Darstellung von David Tennant zu verdanken.
Und wie hängt das jetzt alles zusammen?
Für alle, die sich jetzt hochmotiviert auf die Marvel-Serien stürzen wollen, hier noch ein paar Tipps. Sonst ist es sehr einfach, den Überblick zu verlieren. Sämtliche Marvelserien, die zwischen 2013 und 2020 erschienen sind, sind nicht zwingend nötig für das Verständnis der MCU-Filme. Für die Serien ab 2021, die speziell für Disney+ produziert wurden, wird sich das ändern.
Doch auch schon bei den bisherigen Serien gibt es Unterschiede: In Agent Carter und Agents of S.H.I.E.L.D. tauchen Figuren auf, die wir bereits aus den MCU-Filmen kennen. Außerdem spielt Agents of S.H.I.E.L.D. parallel zu den MCU-Filmen ab dem Ende von Marvel’s The Avengers. Damit werden immer wieder Ereignisse aus den MCU-Filmen aufgegriffen und weiter erzählt.
Die Netflix-Serien Daredevil, Jessica Jones, Luke Cage, Iron Fist und The Punisher hingegen scheinen vom Rest des MCUs völlig losgelöst. Dass die Avengers überhaupt existieren wird hier bestenfalls einmal in einem Nebensatz erwähnt. Stattdessen haben diese Serien ihr eigenes Mikrouniversum mit eigenen Figuren und Ereignissen, die sich überschneiden. Daredevil, Jessica Jones, Luke Cage und Iron Fist tun sich sogar zusammen und kämpfen in The Defenders gemeinsam. Diese Serien sind etwas düsterer (wortwörtlich, was die Helligkeit der Aufnahmen angeht) und weniger humorvoll als wir das sonst vom MCU gewöhnt sind.
Übrig bleiben damit noch die Serien Inhumans, Runaways, Cloak & Dagger und Helstrom. Dabei bin ich etwas überrascht, dass es noch keine Zusammengührung von Inhumans und Agents of S.H.I.E.L.D. gab. Immerhin spielen in beiden Serien Inhumans eine große Rolle. Von Helstrom habe ich ehrlich gesagt bei der Recherche für diesen Artikel zum ersten Mal gehört. Allerdings wurde die Serie auch bereits nach einer Staffel wieder eingestellt.
